Hormonchip statt Kastration

Seit nunmehr ein paar Jahren wird die Möglichkeit, Rüden mit einem sogenannten „Kastrations-Chip“ (Hormonchip) zeitweise sexuell lahm zu legen, angeboten. Dabei wird die Wirkung einer Kastration imitiert.
Viele Hundebesitzer würden gerne herausfinden, ob unerwünschte Verhaltensweisen des Rüden durch hormonelle Vorgänge gesteuert sind. Um nun nicht direkt den Rüden zu kastrieren, können diese Implantate verwendet werden. Dabei zeigt sich, ob dem so ist; und der Rüde kann im Nachhinein, wenn die unerwünschten Verhaltensweisen fortfallen, dauerhaft kastriert werden. Ebenso, wenn der Rüde bereits zu alt oder herzkrank ist, bietet der Hormonchip eine zuverlässige Möglichkeit als Alternative zur operativen Kastration.Ein Kastrations-Chip, was ist das?
Dieser Hormonchip oder auch Suprelorin-Chip (ein Implantat), wird dem Rüden mittels einer etwas dickeren Kanüle im Nacken unter der Haut eingesetzt. Da dies sehr schnell passiert und wenig schmerzhaft ist, benötigt man dafür keine Narkose und der Rüde kann im Anschluss sofort wieder mit nach Hause genommen werden.
Der Chip wird in zwei unterschiedlichen Größen angeboten. Einmal mit 4,7 mg Wirkstoff für sechs Monate und zum anderen mit 9,4 mg Wirkstoff für zwölf Monate. Der Wirkstoff ist Deslorelin und wird gemäß der Darreichungsgröße über den gewünschten Zeitraum in niedriger Dosierung abgegeben. Es kommt zu einer vorübergehenden Unfruchtbarkeit des Rüden, ohne Durchführung einer Operation. Man spricht deshalb hierbei von einer „chemischen“ Kastration.
Der Vorteil dieser Art der Kastration ist eben, dass die Wirkung nur vorübergehend ist. Wenn der Wirkstoff verbraucht wurde, ist die Kastration wieder aufgehoben und der Rüde wird wieder voll zeugungsfähig.

Die Funktionsweise des Chips:
Das körpereigene Hormon GnRH (Gonadotropin-Releasing-Hormon) des Rüden bewirkt, dass die Hypophyse, eine Drüse des Gehirns, Botenhormone ins Blut abgibt, um im Hoden Geschlechtshormone, vor allem Testosteron zu bilden.
Der Wirkstoff Deslorelin ähnelt diesem Hormon GnRH und durch die Ausschüttung des Wirkstoffes werden bestimmte Rezeptoren an der Hypphyse blockiert. Der Körper des Rüden „glaubt“ so, dass genügend Geschlechtshormone da sind. Deshalb gibt die Hypophyse auch keine Botenhormone mehr ab. Aus diesem Grund stellen die Hoden die Produktion von Geschlechtshormonen ein, was wiederum dazu führt, dass keine Spermien mehr gebildet werden. Dadurch wird der Rüde zeitweise zeugungsunfähig.

Verhaltensauswirkungen des Chips:
Typische Verhaltensweisen des Rüden, die auf sexuelle Aktivität zurückzuführen ist, (wie vermehrtes Aufreiten und ständiges Schnuppern an Urinmarkierungen etc.) wird durch den Kastrations-Chip weitestgehend unterbunden. Durch andere Auslöser gesteuerte Verhaltensweisen (z.B. Futterneid oder territoriale Agression etc.) hingegen werden nicht unterdrückt!

Überblick über die Wirkung und Nebenwirkungen des Chips:
Durch die Einsetzung des Kastrationschips werden sowohl positive, als auch negative Folgen und Folgeerscheinungen, wie bei einer chirurgischen Kastration auch, festgestellt.
Dies sind im Einzelnen:
– Eine Verkleinerung der Hoden; durch die Inaktivität der Hoden verlieren sie an Größe.
– Zeugungsunfähigkeit und Unfruchtbarkeit; die durch den Chip unterdrückte Spermienproduktion verhindert die Fruchtbarkeit des Rüden während dieser Zeit.
– Futterverlangen; durch eine Kastration, egal ob nun chemisch oder operativ, wird der Stoffwechsel verändert. Das bedeutet, dass ein kastrierte Rüde weniger Futter benötigt, als ein unkastrierter Rüde. Hier ist man als Besitzer eines solchen Tieres gefragt, auf die Fütterung zu achten, um eine Gewichtszunahme zu verhindern. Nicht zuletzt gilt hier: „Jedes Pfündchen geht durch´s Mündchen“ und sollte beim verantwortlichen Besitzer große Beachtung finden. Was der Hund nicht zu fressen bekommt, kann ihn auch nicht dicker machen.
– Fellveränderungen; bei Rassen mit langem und mittellangem Haar kann das Fell weicher und flusiger werden, eventuell auch ein wenig stumpfer in der Optik.
– Die unerwünschten Sexualverhaltensweisen; diese werden ganz oder größtenteils unterdrückt. Mit einem Chip behandelte Rüden markieren weniger ihr Territorium und lecken auch nicht ständig den Boden ab, wo eine Hündin markiert hat. Sie versuchen nicht ständig andere Hunde oder Menschen zu besteigen. Sie jaulen nicht nächtelang oder verweigern Futter aus Liebeskummer. Sie haben deutlich weniger Ausfluss aus der Vorhaut (Präputialkatarrh). Wie und welche Verhaltensweisen sich bei der chemischen Kastration verändern ist nicht genau vorhersagbar. Allerdings wird das Zusammenleben in den meisten Fällen wesentlich entspannter als mit einem unkastrierten Rüden.
– Abnahme aggressiven Verhaltens; die Aggressivität gegen andere Rüden wird nicht in jedem Fall durch eine Kastration, also weder durch chemische noch durch operative Kastration beeinflusst, da sie nicht in jedem Fall durch Hormone gesteuert ist. Erlernte Verhaltensweisen, wie z.B. das Verhalten gegenüber einem Rüden in der Nachbarschaft, den der nun kastrierte Rüde nie leiden mochte, wird sehr wahrscheinlich weder durch eine chemische noch durch eine operative Kastration verbessert werden. Solche „erlernten“ Verhaltensweisen können meistens nur durch entsprechendes Training des Rüden beeinflusst und verbessert werden. Zudem gilt: Je älter der Rüde ist, desto unwahrscheinlicher wird er durch eine Kastration jedweder Art sein Verhalten komplett ändern.
Wie sich nun eine Kastration, entweder durch einen Chip oder eine operative Kastration beim einzelnen Rüden auswirken wird, lässt sich leider niemals komplett voraus sagen. Viele Rüden werden weitaus weniger Aggressiv und zeigen auch im normalen Umgang ein entspannteres Verhalten, doch eben leider nicht alle..,

Beginn und Dauer der Wirkung des Chips:
Nach dem Einsetzen des Chips tritt die Wirkung nach etwa 4-6 Wochen voll ein. Ab und zu erwähnen Hundebesitzer, dass ihre gechipten Rüden zunächst in den ersten 2-3 Wochen ein verstärktes Rüdenverhalten an den Tag legen. Dabei muss der Besitzer konsequent bleiben und abwarten, bis die volle Wirkung des Chips einsetzt.
Nach 6 bzw. 12 Monaten, je nach Darreichungsgröße des Chips, ist die Wirkung des Wirkstoffes verbraucht. Die Rezeptoren an der Hypophyse werden wieder frei, und die Botenhormone wieder frei gegeben. Die Hoden nehmen nun wieder die Produktion von Testosteron und Spermien auf. Der Rüde wird wieder geschlechtsreif und sein Verhalten verändert sich nun zurück, wie vor der Einsetzung des Chips. Dies geschieht wiederum allmählich, ähnlich wie zu Beginn der Einsetzung des Chips in umgekehrter Reihenfolge.

Angesetzte Studien zeigen, dass sich nach ca. einem Jahr, nach der Einsetztung eines Kastrations-Chips, bei über 80% der Hunden der Testosteronspiegel wieder normalisiert hat. Bei kleineren Hunden bis zu 10 kg Körpergewicht hält die Wirkung des Chips meistens länger an, als vorgesehen. Die Wirkungszeit bei Hunden über 40 kg Körpergewicht wurde nicht untersucht.
Ebenfalls wurde nicht nachgewiesen, ob die Rüden hinterher wirklich wieder zeugungsfähig waren. Das bedeutet, dass allgemein vom Einsatz von Kastrations-Chips bei vorgesehenen Zuchtrüden abzuraten ist. Zumindest solange, bis eindutige Testergebnisse vorliegen.

Die Vorteile des Chips gegenüber operativer Kastration:
Der wohl größte Vorteil ist, dass die Wirkung des Chips zeitlich begrenzt ist. Im Gegensatz zur operativen (endgültigen) Kastration verblasst die Wirkung des Chips nach 6 bis 12 Monaten komplett. Sollte sich der Rüde nach Einsetzung des Chips nicht wie erwartet entwickeln, oder er zeigt keine oder nicht erwünschte Verhaltensänderungen, (z.B. Fressgier oder stumpfes Fell) braucht der Besitzer nur die Zeit der Wirkungsdauer abwarten. Sämtliche Veränderungen des Rüden bei Setzen des Suprelorin-Chips sind umkehrbar (reversibel). Er wird also in der Hauptsache als eine Art „Probelauf“ einer Kastration gesehen, ob der Rüde seine Verhaltensmuster entsprechend ändert, oder nicht. Ob dem Besitzer ein kastrierter Rüde in seinem Verhalten gefällt, oder nicht.
Gemäß unseren Erfahrungen liegt die Entscheidung, eine endgültige operative Kastration durchzuführen, bei ca. 50% dafür, wie auch 50% dagegen.
Desweiteren ist ein entscheidender Vorteil des Chips, dass keinerlei Narkose benötigt wird. Im Gegensatz dazu ist bei einer operativen Kastration in jedem Falle eine Narkose zu setzen. Bei älteren Rüden, sowie bei kranken Tieren, insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen des Rüden besteht ein erhöhtes Narkoserisiko. Die Alternative hierzu bietet der Suprelorin-Chip, dessen Einsetzung keinerlei Narkose benötigt.

Wann kann der Chip eingesetzt werden und wann nicht?
Bei erwachsenen, gesunden und nicht zur Zucht vorgesehenen Rüden, kann der Suprelorin-Chip zu jeder Zeit eingesetzt werden.
Um nicht eine gegenseitige nachteilige Beeinflussung des Immun-und Hormonsystems sicher zu stellen, sollte der Kastrations-Chip nicht gleichzeitig mit einer Impfung einher gehen. Ebenfalls ist dringend bei manchen Erkrankungen davon abzuraten, als da wären:
Kryptorchismus (Hodenhochstand; die Hoden sind in der Bauchhöhle, nicht im Hodensack), bei Tumoren in Prostata und Hoden und bei Perianalhernien (Fissur oder Fistel im Analbereich).
Der Suprelorin-Chip ist nur und ausschließlich für Rüden gedacht. Weder gibt es einen Kastrations-Chip für Hündinnen, noch für Kater und Katzen!

Kosten einer Kastration:
Im Durchschnitt bezahlt man für einen 6 Monatschip ca. 88 Euro, der für 12 Monate liegt bei 157 Euro. Eine chirurgische Kastration ist je nach Größe des Rüden und ohne eventuelle Komplikationen bei 180 bis 220 Euro gelegen für die Operation an sich. Dazu kommen noch die Kosten für die Nachsorge, wie Fäden ziehen und Kontrolluntersuchungen.

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